KETTCAR TOUR

Sonntag, 31. Juli 2005

TAG 05 – HAMBURG // GRÜNSPAN

Ab jetzt wird’s dann kuschelig. Unsere Rocker-On-The-Road machen Halt in Hamburg und das für ganze drei satte Tage. Kettcar’s Fame und die meilenweiten Schlangen vor den Kartenhäusern machen es möglich.

Der Tag beginnt wieder entspannt. Es giesst wie aus Kübeln in der Karl-Marx-Strasse und wir fühlen uns fast wie zu hause im schmucken Aachen: Nicht umsonst heisst es in der Vereinshymne „Immer wenn es regnet gewinnen sie jedes Match“.
Humberto führt uns in ein kleines Eckhaus, dass O-Ton „das beste und billigste Frühstücksbuffet in ganz Berlin hat“. Glauben wir gerne, aber wir stellen erschrocken fest, dass es drinnen noch um einiges dunkler als da draussen im Regen ist – Brauchen wir eben keine Sonnebrillen mehr. Das Buffet ist tatsächlich satt gedeckt und der Preis von 3,90 Eur wird nur schwer zu schlagen sein, aber an irgendetwas erinnert mich das ganze Ambiente hier. Kennt noch jemand die „Die Wicherts von Nebenan“? Moebelunion und Teenstag, Schnuppe und Die Harmonie? Eben, und genauso sah die Gaststätte aus, exakt so wie das Gesangslokal in dem die immer ihre treudoofen Lieder geträllert haben.

Egal, der Regen lässt nicht nach und wir machen uns auf die kurze Fahrt nach Hamburg.
Läuft alles glatt, die Strecke rollt aus dem Eff-Eff und Hilly spielt mangels Tonmann Friedel vollkommen alleine das Autokennzeichen-Spiel. Es lässt sich nicht leugnen, wir kommen so langsam rein in diese Tour und der Wahnsinn schleicht sich tief in unserer fröhlichen Hirne.
Nach 56 Umdrehungen und 15 verpassten Anfahrtsmöglichkeiten ist das Grünspan endlich gemeistert und ab zum üblichen routinierten Ablauf. Massig was angelaufen da heute, Kettcar werden live über NDR3 zu hören sein, geschätzte 50 Male werden sich diverse Interviewtermine zugerufen und allgemein steht Göttchen – ihr erinnert Euch? - tief mittendrin. Zu den Tönen von „Deiche“ auf der Bühne baue ich das Set auf und stelle zutiefst erschrocken fest, dass sich im Chaos gestern Abend wohl ein Fuss der Bassdrum seine Freiheit genommen hat… Kurz gesagt: Weg ist er, dahingegangen und auf einem Fuss steht es sich schlecht auf der Bühne und ein Betonsockel der auch die Sixtinische Kapelle stützen könnte, muss dann als kläglicher Ersatz herhalten…. Naja, man kann eben nicht alles haben.

Apropos „haben können“ – T-shirts sind weg! Klingt dramatisch kurz und ist es auch. Nach intensiver Befragung aller Beteiligten steht innerhalb einer knappen Stunde fest „Nee, nichts zu machen. Im Bus ist nichts, hier drin auch nicht, also futsch die Jerseys. Alles andere ist aber da, also muss jemand ein Schild malen“
Gut, gut C. Krings ist gerade noch davon abzuhalten den monetären Gegenwert jetzt und sofort aus dem Automaten ziehen zu wollen, aber ansonsten sind wir mal wieder ganz die Profis die wir so gerne wären. „Solange der Rest noch da ist! Was soll’s, die tauchen schon wieder auf. Lass mal in Berlin anrufen!“ Krisen-Managment at it’s best also. Was sind schon ein paar Shirts gegen den Auftritt heute Abend? Eben, nichts! Es fragt ja auch keiner nach dem ‚Warum?’, wenn es ein ‚Dahin!’ gibt.

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Der Auftritt verläuft natürlich superst, wir sind locker, die Songs gehen gut von der Hand und niemand springt mir heute irgendwohin. Also dann, auf ins Getümmel, genügend Leute die geherzt werden wollen sind ja da draussen zu finden. Die halbe Soulmate-Bande ist anwesend, dreiviertel Omahd auch, Fr. Geratz hat Geburtstag, eine Menge uns bekannter Menschen will begrüsst werden und das eine oder andere Glas ist uns allen auch noch viel zu voll. Soll heissen: Das wird gemacht hier, das ist Hamburg und nicht ohne Grund legen wir diese Stadt immer ans Ende jeder Tour… und dann jetzt auch noch drei Tage hintereinander. Wo soll das nur hinführen?

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Es wird wieder heiss und so verdingen wir uns während die Heimspieler zugange sind im Foyer weiter. Die Ruhe legt sich dann doch nach dem Sturm und wir rennen schnell in die Kogge zurück um die schmutzige Wäsche gegen was Sauberes zu tauschen. Zurück gekommen verabschiedet sich Reimer mit den Worten „Nee Jungs, ich muss morgen früh raus, muss um 8 im Büro sein. Könnt ja mal vorbei, aber bringt 'nen Kaffee mit“ von allen und das ist ein wirklich bewundertswerter Satz im Rocker-Kosmos. Hört man nicht oft, aber die sind ja schliesslich hier zu hause und haben da quasi die eine oder andere Verpflichtung mehr zu erledigen. Ausserdem geht es morgen in die ‚Grosse Freiheit 36’ rüber und da ist man ja qua der Historie schon mehr als verpflichtet sich ordentlich vorbereitet zu haben. Denken wir auch noch, aber irgendwie will uns das auch so ganz und gar nicht gelingen mit den guten Vorsätzen. Der Bus bekommt einen zwielichtigen Parkplatz gegönnt und wir begeben uns auf die Tour-de-Force durch Hamburgs Nachtleben.

Soweit, so schön alles: Der Abend endet mit dem Morgen, eine komische Kneipe mit viel, sehr viel uraltem Punkrock ist der letzte Punkt des heutigen Tages. Hilly macht komische Sachen auf der Tanzfläche, irgendwer hält einen hübsch geschminkten Kerl für ein noch hübscheres Mädchen und ich denke den ganzen Rest der nächtlichen Dunkelheit nur noch „It wouldn’t glitter if it wasn’t gold“. Was für einen Glanz, was für eine Macht das alles doch hat! Sechs Menschen auf der Reise, Fünf Jungs jeden Abend auf der Bühne und alle gemeinsam auf Konfrontationskurs mit der Wirklichkeit.

Belassen wir es dabei: Gegen Mittag ist Interview, der Morgen muss angezählt werden für jetzt.

Samstag, 23. Juli 2005

TAG 04 - BERLIN // COLUMBIA CLUB

Ein entspannter Tag beginnt mit einem lauen „Guten Morgen!“ und der Suche nach einer freien Dusche mit anschliessendem reichhaltigen Frühstück.

Ja, so sieht es aus, alles wie gehabt an der Auftstehtfront: Hilly macht ein zerknirschtes Gesicht ob der Erlebnisse der gestrigen Nacht, keiner hat so richtig Lust aufzustehen und der Geruch von alten Männern schwebt ein ganz klein wenig durch den Raum.
Wir lassen uns etwas mehr Zeit, das ist ja nun keine Strecke zu fahren heute – Dachten wir jedenfalls an dieser Stelle noch, aber das wird sich noch ändern. Wäre ja gelacht, wenn man einmal Recht behalten könnte, was die Dauer der Fahrtzeit angeht.

Wieder also alle rein in den schmucken Bus und ab auf die Autobahn, irgendwie haben es alle eilig nach Berlin zu kommen, aber keiner weiss so recht warum. Jugendlicher Übermut? Das Trucker-Gen in uns allen? Keine Atempause, Asphalt-Kilometer werden gemacht?
Vielleicht alles zusammen, aber Fakt ist, wir kommen schneller an, als ein Berliner Taxifahrer das Fahrtziel falsch verstehen kann. Klingt krude im Vergleich? Abwarten, dazu unten mehr.

Da es irgendein geringerer Gott im Rockerhimmel so festgemeisselt hat, sind alle Wegbeschreibungen vollkommen unvollständing, schwer verstehbar und meistens auch noch mit einer bleistiftgekritzelten Vorlage über ein Faxgerät geschickt worden.
Glaubt mal wieder keiner, ich weiss, aber hier ein kleines Anekdötchen am Rande: Als wir zum ersten Mal in Bielefeld gespielt haben, suchte ich aufgrund so einer Wegbeschreibung doch tatsächlich den ‚Ostmatiten-Damm’. Den sollten wir nehmen, um direkt bis in die Innenstadt vorzudringen und dann wären wir schon nahe am Club unserer Wahl.
Ja, schön auch, nur wer zur Hölle kennt einen germanischen Volksstamm namens „Ostmatiten“? Ostgoten sicherlich ja, aber das kam uns doch etwas spanisch vor.
Also rein in die nächste Tankstelle und flugs das Ansinnen vorgetragen und vehement auf die entsprechende Stelle des kopierten Blattes getippt. Der Blick der mich daraufhin traf schwankte zwischen Unglauben und taktvoller Amüsiertheit. „Tja, das sieht wirklich so aus, aber das ist der Ostwestfalen-Damm. Rate mal wo du hier bist? Genau, Ostwestfalen!“
„Ähemm.. Ja nun denn. Danke dann“ konnte ich schwer getroffen gerade noch murmeln und seitdem ist „Ostmatitendamm“ für uns ein feststehender Begriff . Eben alles, was aufgrund schlechter und fünfzehnmal kopierter Wegbschreibungen partout nicht auffindbar ist.

Wiedemauchsei, jedenfalls finden wir gerade noch so die richtige Abfahrt vom Berliner Ring und danach nur noch wirres Zeug. Nichts lässt sich auf gar keinen Fall mit der Realität ausserhalb des Busses in Verbindung bringen. Da haben wir dann noch was mehr von Berlin gesehen, als uns lieb ist und ich weiss jetzt auch, wo der Flughafen Schönefeld ist - falls man da wirklich mal hin müsste. Dank RockyBeachClubs Sonja und ihrem telephonischen Lotsensystem kamen wird dann schlussendlich quer durch den Berufsverkehr zum Columbia Club.

Der Parkplatz ist voll mit dicken Bussen und massig schweren Trucks. Was ist denn hier bitte los? Haben sich Kettcar für heute die Pyro-Show von Rammstein ausgeliehen? Kaum ausgestiegen entdecken wir ein riesiges „Robert Plant“ auf einem der Busse und ich ahne Schreckliches… Und wirklich, nebenan in der Halle spielt heute noch der alte Schreihals des Stadionrocks, das wird ja ein Fest werden.
Obwohl das eigentliche Fest für uns sich ja drinnen bietet: Ein riesiges, gerade frisch zubereitetes Buffet wartet auf die hart arbeitenden Rocker der beiden Bands und wir wollen uns ja nicht lange bitten lassen. Sieht alles nach einem entspannten Abend aus und wird es dann auch. Soundcheck geht schnell von statten und der Auftritt kommt auch schneller als wir es im zeitlichen Gefühl haben und wir bekommen immer mehr ein gutes Gefühl bei den neuen Songs. Leider lässt sich kein Teppich als rutschfeste Unterlage auftreiben und so verbringe ich einen Grossteil der Pausen zwischen den Songs damit, alles irgendwie wieder in Reih und Glied zu bringen.
Bei ‚Town Called Malice’ gerät dann alles vollends aus dem Ruder und Holger nickt mir kurz zu. Noch ehe ich verstehe worum es denn geht, springt er direkt in einem formvollendeten Bogen mitten rein in den Schlamassel. Ich lasse mich noch geistesgegenwärtig nach hinten fallen und versuche nicht ganz wie eine Schildkröte im freien Fall auszusehen.

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So, also Arbeit erledigt, das haben The Who auch nicht formschöner hinbekommen und wir gehen folgsam von der Bühne, damit Holger und Jonas den Abend für uns beschliessen können.
Der Rest ist dann Essen, Leute treffen und wiedersehen und versuchen, dass die Nacht noch ein wenig weitergeht. So ist dann kurz nach dem grossen Einräumen der beiden Busse eine kleine Armada von Taxen in Richtung ‚Ankerklause’ unterwegs. Wir beissen uns da an der Theke fest, treffen noch mehr uns bekannte Personen und verbringen sehr wenig Zeit damit, der Jukebox ein paar Kuriositäten zu entlocken. Als dann endlich alle Fiesheiten der Rockgeschichte durch sind und der Pegel gefährlich nahe der Ich-kann-nicht-mehr-schlafen-Grenze ist, machen wir uns auf den Weg in die Karl-Marx-Strasse.

Und ab jetzt geht der Tag weiter, wie er angefangen hat: Ziemlich ortsverwirrt! Wir quetschen uns mit allem Gepäck in die nächstbesten Taxen und ich wundere mich dank ein klein wenig Ortskenntnis der Innenstadt, welche Strassen wir hier benutzen. Der Fahrer will wahrscheinlich noch was Extrageld verdienen. „Na schön“ denke ich „Soll er doch. Soviel wird’s schon nicht werden können“. Irgendwann versuche ich zu erkennen, wo wir jetzt nun wieder lang fahren und überlege, ob ich dezent ungehalten werden soll. Aber Schokschwerenot und Zugenäht, der Kerl fährt doch tatsächlich nach Friedrichshain rein! Als er an einer grossen Strasse anhält und „Ja, da wären wir dann… Macht Zehnachtzig!“ sagt, wird mir alles auf einmal viel klarer.
Ich schaue ihn verwundert an und sage nur „Ähh ja, das ist schön hier, so gross und bedeutsam. Aber, na ja… die Karl-Marx-Strasse ist dies aber leider nicht wenn ich mich richtig erinnere“.
Für einen kurzen Moment schaut er verwirrt drein, schaut auf die Strasse hinaus, schaut mich an, dreht sich wortlos wieder um und macht das Taxameter aus. „Oh hmm.. ja das ist blöde. Ich hatte Allee, nicht Strasse verstanden. Naja, das brauchen sie jetzt nicht zu bezahlen ab hier, okay?“
Ja, natürlich ist das vollkommen okay, kann ja jedem mal passieren und wir sind auch nicht gerade die leuchtenden Sternschnuppen des Wegfindens. Also Schwamm drüber, wir kommen noch nach Neukölln und legen uns schnellstens schlafen.

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Morgen ist ja auch noch ein Tag für Spässe…

Mittwoch, 1. Juni 2005

TAG 03 - DRESDEN // STAR CLUB

Also, dann... Schneller soll es werden! Härter, aufwühlender, jeder Schuss ein Treffer. Keine grossen und langen Sätze mehr, das ist nunmal keine Doktorarbeit hier. Grosse Gefühle und kleine Geschichten wollen erzählt werden. Romantik neckt Panik oder so - und da will ja keiner so richtig hinten anstehen. Also seid dabei, von hier bis ganz dahinten!

Sechs nicht mehr ganz taufrische Burschen schlafen immer noch den Schlaf der Entspannten auf einem Parplatz kurz hinter Hof. Das war ja mal so ein richtiger Begriff in der alten BRD... also Hof meine ich, nicht Parkplatz. Da war immer Stau an der Grenze zur SBZ und einmal im Jahr bekam man auch noch "Wetten Dass?" aus irgendeiner Grössenwahnsinns-Halle präsentiert. Ob man damals den Ostlern zeigen wollte, dass es noch schlimmer geht? Frei nach dem Motto "Ach bleibt doch da drüben, wir haben hier auch nur Rotz fürs Volk übrig!"? Wer weiss, aber das sind wirklich die einzigen Dinge die ich mit Hof verbinde. Armselig, ich weiss.

Aber die Sonne scheint trotzdem fröhlich weiter auf pittoreske Landschaften. Solche, die man den Amis immer so gerne als 'typical german' anpreist. Ihr wisst schon: Grüne und schön geschwungene kleine Hügel die sich optisch hervorragend um die mit maximal 200 Leuten beseelten Orte legen. Da wird einem warm ums Herz, das klingt so richtig nach den Gebrüdern Grimm.

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Irgendwann schälen sich die Gestalten aus dem Wagen, man macht sich morgenfrisch fertig und begibt sich auf die Suche nach einer Fast-Food-Kette. Irgendwie wirkt das von weitem sichtbare M ein wenig deplatziert, ja fast schon obszön in dieser Landschaft. Egal, vergessen wir mal Kultur und Landschaftsimpressionen, wir haben Hunger und die haben Mahlzeiten mit All-You-Can-Drink-Option.

Die dicken und herrlich rosarot eingefärbten Schinkenwaren ignoriere ich wie immer und bestelle das Übliche: "Einmal EggMcMuffin ohne Schinken und auch so ein Croissant-Ohne bitte werte Dame.... Ach so, ich nehme noch einen Schoko-Muffin und zwei Kaffee dann. Bitte keinen O-Saft."
"Ha ha... ja Peggy hast du das gehört? Alles ohne Fleisch will der... Na das schmeckt doch gar nicht Junger Mann. Und Muffins haben wir auch nicht mehr... Alles gestrichen"
Ja, ja gute Frau die Leier kenne ich schon. Fleisch ist der Ersatz für Geschmack, schon klar. Bayern machte es vor und hier wird sich weiter der Fleicheslust hingegeben.
Natürlich, das ist hier ein Burgerladen, aber man kann ja wohl nach der ankündigungslosen Streichung des GemüseMacs verlangen, dass es wenigstens ein essbares Gericht ausserhalb des Salad-Universums gibt. Schlussendlich bekomme ich dann doch alles so wie ich es wollte, begleitet von einem mildtätigen Lächeln der Kassiererin.

Obwohl die Zeit immer noch nicht zur Eile drängt, brechen wir doch irgendwann auf. Es ist nicht mehr weit bis Dresden und wir finden uns schneller als gedacht in der Dresdener Neustadt wieder. Anders als diese ominöse Wiener Neustadt, liegt die wirklich in der Stadt drin. Wir Piefkes wollen ja nicht so verwirren wie die Ösis.
Gut, das Hostel ist einmal über die Elbe und vorbei an allen Sehenswürdigkeiten und somit weitestmöglich vom Star Club weg, aber dafür haben wir ein nettes Mehrbettzimmer und einen kleinen Balkon zur Strasse raus. Dieser Teil Dresdens entpuppt sich als durchaus gelungene Mischung aus Schanzenviertel, Friedrichshain und Ehrenfeld. Würde sowas irgendwo im Westen existieren, müsste man wohl für die Miete einen langlebigen Kredit aufnehmen oder sein Glück mit dubiosen Termingeschäften an der Börse probieren.
Schön, sehr gelungen hier und wie immer denke ich, dass es so wohl überall vor dem Krieg ausgesehen haben muss. Manchmal bekommt man fast den Eindruck, dass das mit der Zerstörung Dresdens ein wenig übertreiben sein könnte oder man hat einfach in der DDR nicht das Geld gehabt alles nachher abzureissen. Kommt doch einfach mal nach Aachen, da wurde sich stadtplanerisch sehr schön ausgetobt in den Fünfzigern. Einfach die Planierraupe drüber und gut ist.

Wir begeben uns erstmal ins Bett und holen etwas mehr an Schlaf nach. 2 Stunden später machen wir uns hübsch, fahnden nach sauberen T-Shirts zwischen alten Socken und fahren die ganze Strecke zum Star Club zurück.

Der alten paleschen Tradition folgend, kramt jeder in seiner eigenen Erinnerung und versucht den Weg ab der Hauptstrasse zu erinnern. "Jetzt hier links... Nein, rechts!... Ach ja, hier war ich doch letztes Mal mit Holger Akkus kaufen, müssen wir doch links" schallt es lautstark durch den Innenraum des Busses. Der Geräuschpegel nimmt schnell weiter zu und schliesslich entdecken wir einen hoffentlich Ortskundigen.
Nach einer apathischen Nachdenksequenz gesellt er sich mit dem gerne gehörten Satz: "Jungs, ich muss da auch hin, wenn ihr mich mitnehmt, zeige ich euch den Weg!" zu uns in den Wagen. Es fallen Sätze wie "Star Club? Links hier... Ach mensch, da war ich früher auch immer" und "Natürlich schon lange her, war ja damals ein Kino... Hatte ich damals Mädchen, usw...".
Wir entlassen den Mann direkt vor dem Club aus dem Wagen und Hilly schafft es ihm vollkommen unpeinlich und liebevoll eine Dose Bier als grosses Dankeschön anzudienen.

Also alles rein da, die steilen Stufen zum Konzertraum hoch. Die Burschen von Kettcar machen schon wieder Soundcheck und so verlaufen wir uns mal wieder ein wenig im Backstageraum. Der ist eigentlich eine komplette Wohnung und immer irgendwie in zwielichtigen Schein getaucht - Ja, so hat man es natürlich gerne... Es weiss sowieso niemand wie spät es nun wirklich ist, da die einzigen allgemeingültigen Zeiteinheiten auf Tour "Vor-Der-Show" und "Nach-Der-Show" heissen.

Zum Soundcheck schafft es der örtliche Tonmensch Christian aus der Fassung zu bringen. Das sieht man nicht oft und daher erzähle ich es euch auch schnell:
Christian hört nichts aus den Monitorboxen, weder sich noch die anderen Menschen um ihn herum auf der Bühne. Nicht gut, eher sogar schlecht.. Weil, der muss ja nun auch singen im Chor. Kann man wie die Preluders machen und alle tuten den gleichen Ton, aber wir handhaben das ja nach guter, alter Tradition in Mehrstimmig.
Durch den Lärm bedeutet er immer wieder, dass da nichts rauskommt und erntet erstmal nur ein Achselzucken, dann ein verärgertes Gesicht. Schliesslich schlufft der Techniker doch noch nach vorne, legt ein Ohr an die Box und hebt den Daumen zum "Okay! Alles super. Geht doch... Kommt was raus" Zeichen.
Christian macht es ihm nach und schüttelt den Kopf. Achselzucken auf der anderen Seite und weg ist der gute Mann. Christian steht wie angewurzelt auf der Bühne und man sieht ihm an, dass er nicht weiss, wie er das jetzt noch weiter erklären soll. Es scheint entweder die Gebärdensprache eine andere zu sein oder einer von beiden ist sehr schnell, sehr taub geworden.
Sein Mund geht auf, klappt wieder zu, er schaut sich zu mir um und tippt sich an die Schläfe. Ich lächle etwas unbestimmt und zucke meinerseits die Achseln. Schliesslich dreht sich Christian nochmal um, schüttelt den Kopf und schaut den Rest des Soundchecks nur noch konsterniert vor sich hin.
Später lässt sich nur noch berichten, dass zwar nicht viel, aber immerhin wohl etwas zu hören war... Habe jedenfalls keinen falschen Ton bemerkt soweit.

Der Rest ist wie in den letzten Tagen: Laden rappelvoll, Auftritt super und wir fühlen uns jeden Tag wohler mit den neuen Songs. Alles geht gut, einige Leute scheinen schon beim letzten Mal hiergewesen zu sein und etliche singen "Goodbye Trouble" veträumt mit oder wippen mit dem Fuss. Ein gutes Gefühl bis hierhin.

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Danach schlängeln wir uns durch die Menge vor den Konzertraum, treffen noch den ein oder anderen netten Menschen und wir wollen uns heute mal den Auftritt von Kettcar ansehen. Ging ja mangels Platz nicht in München und Wien, aber der Star Club hat einen Versorgungsgang im Aussenrum und man landet direkt zwischen Bühnenrand und Merchstand.

Ich schaue mir die ersten 4 Songs in Ruhe an, nehme mir irgendwann mein abgstelltes Bier von einem der Tresen und plötzlich packt mir jemand an die Schulter.
"Na dachtste wohl ich wollte dein Bier klauen oder? Nee, so sind wir hier nicht"
Ich antworte schnell, dass dem nicht so sei, ich hätte nur Durst. Ich ziehe den Handrücken über die Stirn und murmele "Ist ja auch verdammt warm hier drin nicht?"
Sehr zärtlich aber bestimmt werde ich weiter an den Koloss herangezogen und er spricht mit lauter und sehr feuchter Stimme einfach weiter in mein Ohr.
"Hör mal, meinst du Kettcar spielen auch mal bei uns? Wir machen ja eigentlich nur Metal und so, aber wir sind ja alle gegen die Nazis oder nicht?" dringt es wirr zu mir durch.

Naja, was soll ich dazu sagen? Bin ja schliesslich nicht der Manager der Hanseaten. Ich will zum Aufklären der Situation ansetzen, aber da ist die Lücke in seinem Redeschwall auch schon vorbei.
Verstehen tue ich zwar nichts von dem was er da sagt, aber wenigstens er scheint sich prächtig dabei zu amüsieren. Immer wieder zwickt er mir in die Schulter oder knufft mir auf den Rücken, während ich öfter mal wieder zur Bühne rüber schaue um wenigstens noch einen klitzkleinen Teil der Show mitzubekommen.
Ich verstehe nur noch Sachen wie "Estnischer Doom-Metal... Geile Typen... Fahren soweit für einen Gig. Super die Jungs" und wundere mich nur noch weiter, was das denn alles soll.
Schliesslich befreie ich mich in einer Redepause mit dem sagenhaft cleveren "'Tschuldige, ich muss mal... Ja sicher, wir reden gleich weiter" und verpisse mich nach draussen. Mist, schon wieder nicht viel mitbekommen vom Auftritt.

So lungern Christian und ich vor dem Eingang herum und beobachten Jonas beim Gespräch mit seinem Vater. Der ist nämlich Professor an der hiesigen Musikhochschule, man sieht, manchmal liegt also doch alles in den Genen. Eine kleine Anzahl an Menschen hält die Hitze drinnen wohl auch nicht aus, gesellt sich zu uns ins Treppenhaus und irgendwann unterschreiben wir einige Plakate und CDs, unterhalten uns nett und haben weiterhin einen schönen Abend.

Danach wird schnell abgebaut, die Busse werden beladen und man erzählt sich den Rest der Nacht noch die ein oder andere Tourgeschichte im Backstageraum.
Irgendwann ist dann doch das Bier alle - wir können da natürlich nichts für, selbstredend - aber der Plan noch wegzugehen wird leider wieder verworfen. Kettcar müssen am nächsten Morgen in Berlin in eine Schule zum Musikunterricht - Nein, nicht zum Lernen, sondern um sowas wie einen Workshop zu veranstalten. Habe ich so verstanden, muss ich aber nochmal nachfragen. Klang aber sehr spassig und aufregend.

Wir begeben uns also wieder in die Neustadt und machen dann schnell das Licht aus. Nur Hilly verstrickt sich noch mit zwei anderen Gästen in irgendeine theologische oder philosophische Diskussion... was eben zwei bekiffte und ein betrunkener Mensch sich so zu erzählen haben.

Der Rest geht morgen in Berlin weiter und das heisst ausschlafen und entspannt fahren.
Wieder mal zu Dank verpflichtet,
Stephan

Montag, 25. April 2005

TAG 02 - WIEN//ARENA

Ahh... Wien - oder wie der weltgewandte Herr zu sagen pflegt: Vienna!

Der Tag lässt sich bisher gut an. Hilly treibt uns aus dem Bett, also ab in den Frühstücksraum und der Anblick des "Buffets" ist, sagen wir es mal so, im Nationalzustand. Der Käse ist dünn, der Kaffee wird nur kannenweise und in der Grossmutters-Blümchen-Variante feilgeboten und ganz allgemein beschränkt sich die Gemüseauswahl auf die Beilage rund um den wässerigen Schinkenschnitt. Pahh, Vegatarier braucht dieses Land nicht und Bayern hält es da mit den lieben Franzosen: Essen ist Fleisch... Aber bitte dreimal am Tag, guter Mann! Also ran an den Käse und das Übrige mit den kümmerlichen Zierden der Aufschnittplatte belegt.

So sehr hier auch alles dem Standard entspricht, wird an anderer Stelle der Gesundheit gefröhnt. "Ähh... Entschuldigung, kann man hier rauchen?" "Rauchen? A'geh... Noa, des müssens schoan im Aufenthaltsrrraum. Den Kaffee kennens aber mitnehmä!" Aha, nun denn, da wollen wir der guten Frau nicht widersprechen und machen uns auf zu diesem und erwarten das Schlimmste.
Aber was müssen wir da sehen? Ein Raum mit dem Charme einer Spielhalle für Jugendliche aus den Tiefen der End-Achtziger! Blanke Wehmut mit einem Schuss "Das glaube ich ja nicht!" überwältigt uns... Und so jubelt auch Christian den Gang hinunter.
Alles ist da, wie aus der Zeitkapsel entstiegen: Stühle im kalten Bistro-Stil, Tische aus Marmor-Imitat und obendrauf das Kostbarste überhaupt - Autorennen aus der 16Bit Ära, der gute Indiana Jones Flipper und die noch bessere Addams Family Variante. Gut, Wien muss warten, das hier ist nun wirklich wichtiger! über die Beträge allerdings, die diese Ungeheuer uns aus den Gesässtaschen geraubt haben, wahre ich jetzt mal Stillschweigen - besser ist es.

Um 12 heisst es dann doch "Abfahrt! Aber los jetzt!" und die ganze Chose geht von vorne los. Aufgrund der schon erlebten Schähnheit der Strecke, vorbei am Starnberger See und durch die Alpen, werden mehrere Pausen festgelegt und auch gemacht. Zwischen den überall anzutreffenden asiatischen Reisegruppen und italienischen Schulausflüglern machen wir dann den einen oder anderen Unterschied zu der transmontanen Kultur aus.
Erstens: Alle männlichen Jugendlichen der Halbinsel sehen aus wie die italienische Version von David Beckham und tragen gerne Felljacken zu Kappa-Trainings-Häschen. Zweitens: Die weiblichen Äquivalente sehen entschieden netter aus und rauchen alle Kette.
Christian hat dann auch genügend Gelegenheit sein superduper Geburtstagsgeschenk in Form einer Spiegelreflex-Kamera ausgiebig zu probieren - Nicht bei den Mädchen natürlich, die Landschaft meine ich. Die Photos sind fast allesamt schön geworden und man hat schon die Vermutung, dass wir uns doch auf einem Schulausflug und nicht auf einer harten, zehrenden Tour befinden.

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Wie befürchtet, kommen wir knapp vor der Ausfahrt, die uns zur Arena führt, in den berufsmässigen Stau. Gut, gut, wussten wir ja eh und sind trotzdem noch gut in der Zeit, selbst die Arena finden wir diesmal auf Anhieb. Nachdem der Bus direkt vor dem Eingang zur Halle geparkt ist, sehen wir, dass sich so einiges verändert hat - Sieht zwar fast genauso aus wie das letzte Mal, aber irgendwie hat jemand ein bis zwei moderne Etagen durch das alte Industriegebäude eingezogen.... Mui bueno, sehr sogar.

Kettcar sind noch nicht beim Soundcheck angekommen, also drängt die Zeit nicht allzu sehr. Nachdem wir mehrmals versucht haben den Backstage-Bereich zu finden, schallt ein freudiges "Mädels, hier lang... Na, wie war die Fahrt?" durch den langen Ladebereich der alleine schonmal 1200 Leute beherbergen kännte - das nur als Beschreibung, damit ihr euch einen Eindruck von der schieren Grösse dieses "Clubs" machen könnt.
Der Mann der da mit lauter Stimme ruft, ist Rainer G. Ott, Tourmanager bei Kettcar und ein echt netter Bursche. Allerdings hätte er das G. in seinem Namen wohl besser nicht erwähnen sollen, als Hilly anwesend war. Nun muss er leider für den Rest der Reise damit leben, dass er von ihm nur noch "Göttchen" gerufen wird. Ja, so sind sie die Jungs aus der Heimat, immer für eine Verschandelung und einen rauhen Scherz zu haben.

Wo wir gerade schon bei der Vorstellung der Reisenden sind, hole ich schnell das eine oder andere nach.
Neben Freedoel, unser 6. Mann auf dem Feld sozusagen, sind noch Danny als Backliner und Wälli mit auf dieser Entdeckungsreise quer durch das halbe deutschprachige Europa. Der Mann ist quasi mit Freedoel zusammen das Audio-Team, der kongeniale Counterpart am FoH - Ins Notiz-Buch schreiben: Heisst Front-Of-House und meint nichts anderes als das gute alte Mischpult... Aber nicht vergessen, das schindet Eindruck, wenn man da auf der nächsten Mucker-Party lässig mitreden kann.

Aber nun zurück zur weiteren Entwicklung des Tages...
Rainer zeigt auf einen funkelnden und neuen Aufzug und sagt uns tatsächlich, dass Backstage nur darüber zu erreichen ist. Ja, ja guter Mann, netter Scherz und wir glauben ihm erst, als er selbst mitfährt und wir nach 2 Etagen tatsächlich fast mitten in einem Willkommens-Buffet stehen. Alles vorzüglich, Kaffee in rauhen Mengen, Pasten zum Bestreichen von Semmeln - so nennen die das hier ja drolligerweise, glaube ich - und ein wirklich leckerer Salat mit Kartoffeln. So wird das nichts mit dem Fit-Bleiben in der Woche, aber wenigstens schän leichte Kost.

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Während ich das Schlagzeug schonmal aus den Kisten hole, spielen die anderen ein wenig mit dem heute gekauften echten Lederfussball herum und dann heisst es auch schon, dass wir mit Soundcheck dran sind.
Geht alles wie immer gut vonstatten, nur der eklatant zunehmende Gras-Geruch aus Hillys Ecke sorgt für irritiert verzogene Gesichter bei uns. Haben wir da etwas in den letzten Wochen verpasst? Entdecken wir vielleicht auf seinem MP3-Player anstatt der üblichen 77-er Punk Etüden auch noch ein paar Cyprus Hill Stücke? Nein, an dieser Front scheint alles in bester Ordnung zu sein, die Schwaden kommen doch nur von einem Burschen der beim Auf- und Abbauen helfen soll. Mensch, mensch ausserhalb Jamaicas wird das Zeug wohl auch nur hier wie Zigaretten durchgeraucht; hat aber seine Fähigkeit später am abend sehr, sehr schwere Dinge zu wuchten nicht beeinflusst... Ein echter Profi also.

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Nun denn, alles läuft natürlich mehr als super ab und wir spielen ein leicht variiertes Set vor ausverkauftem Haus. Freedoel untermauert seine Meinung zu den neuen Songs mit einer skurrilen Deutung: "Jungs, alles gut so. Aber den Metal-Song.. Könnt ihr den nicht rauslassen" Aha, soso, wir wissen nicht wovon er da redet, aber eine lautmalerische Darbietung des Bassteils, macht es dann doch deutlich. Schön gesummt hat er es ja und so überlegen wir uns das mal mit dem Song für den nächsten Tag.

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Uns hat es jedenfalls wie gestern auch schon Spass gemacht, den Leuten anscheinend auch und Wien hält dann auch den Spitzenplatz an verkauftem Merchandise. Ja, sehr vielen Dank auch...

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Den Rest des Abends verbringen wir durch das Foyer schlendernd, trinken, als hätte es nie ein Dosenpfand gegeben Bier aus echten Weissblechdosen. Natürlich treffen wir liebe und nette Menschen, wie Anna und Sandra wieder - unsere Herberge bei der Promo-Tour 2002 - und lernen dazu noch ein paar neue kennen.

So schnell wie der Spuk "Auftritt in Wien" gekommen ist, so schnell ist er auch wieder vorbei. Wir müssen die Nacht durchfahren, um es rechtzeitig nach Dresden zu schaffen und so verabschieden wir uns schnell von allen und machen uns auf den langen, langen Weg.
Hilly hat dann doch das eine oder andere Getränk mehr gehabt, also fährt er mit Christian eine ziemlich weite Strecke bis Hof alleine auf der Vorderbank. Da auch nachts natürlich nichts gescheites im Radio läuft, untermalt nur sein moderates Schnarchen die erschreckend ereignislose Fahrt.
Irgendwo hinter Hof machen wir dann für 2 Stunden Halt und schlafen noch etwas weiter und kuscheln uns wie kleine Kätzchen aneinander - Genau, richtig erraten, es gab keine Standheizung in diesem Bus.

So, der Rest dann in der nächsten Geschichte.
Bis dann,
Stephan

Mittwoch, 13. April 2005

TAG 01 - MÜNCHEN//BACKSTAGE

HuiHuiHui... wieder so ein Tag von dem einem keiner erzählt hat, als man damals entschieden hatte in einer
Band zu spielen.


Da irgendjemand mal gesagt hat, dass vor dem Spass der Fleiss steht, starten wir den Samstag mal locker mit einer kleinen Marathon-Probe bis spät in den Abend. Soll also erfüllt, jetzt kann der spassige Teil kommen. Dachten wir jedenfalls und freuten uns auf das Nicht-Mehr-Ganz-So-Aktuelle Sportstudio und dann... Nix, Nada, Niente!
Die Katholiken müssen sich nun einen neuen Papst suchen und alle Sender schalten fleissig nach Rom, damit eiligst hinzitierte Reportermimen wie P. Kloeppel über irgendwie .. naja, sagen wir ruhig.. Nichts berichten.
Jedenfalls taten das fast alle, nur Pro7 ist mal wieder stur und gar nicht so in Trauerstimmung und präsentiert "Stirb Langsam Teil Irgendwas". Die scheinen also in Minger doch mehr nicht vermuteten kalauerhaften Humor zu besitzen, als ich bisher dachte.

Nun denn, wiedemauchsei so schauen wir eben alle die Echo-Verleihung. Irgendwie stimmt uns die launische Veranstaltung in der Rammsteins Dankesrede auf ein "D-a-a-a-a-n-k-e" zurechtgestutzt wurde, dafür aber Oli Pocher in 5 Minuten eine ganze Branche versucht gegen sich aufzubringen, ein wenig milde.
Trotzdem machen wir zeitig das Licht aus, gähnen noch ein laues "Gute Nacht" in den Nippeser Flur und gehen schlafen.
Aufgrund generalstabsmässiger Planungen wegen erwartet höllisch-voller Reisewege, wird Hilly schon um 07:30h mit dem Bus vorfahren. Auch Rocker haben also einen frühen Tagesablauf oder so - Nix da mit Halligalli und romantischer Verklärung des Tourlebens eben. Jedenfalls nicht am Anfang, wenn man noch so um die 650km sitzen und fahren muss.

Der nächste Tag also, früh morgens in Nippes: die Decke war dünn, die Nacht kühl und das Fenster weit auf. Ergo heisst es mit einem fröhlischen "Haaaatschiii" den Tag zu beginnen und noch zwischen Dusche und Mauer-Laune-Vor-Sich-Hertragen einen Instant-Kaffee zu sich zu nehmen.
Also alle schnell raus, ab in den Bus und so schallt es dann von Hinten nach Vorne: "Direkt auf die Autobahn Richtung München!... Nein, nicht die A1! Mensch, mensch die A3 sagte ich doch". Geht noch gut, ist ja immer dasselbe mit den Routenplanern im Kopf, manchmal findet man eben nicht aus Köln raus.

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Anders als ertwartet verläuft die Fahrt s, aber Murren wird laut wegen des Früh-Aufsteh-Zwangs. Aber besser so, als andersrum, meine ich mal.
So bleibt denn genug Zeit Jonas den Unterschied zwischen "Rastplatz mit Restaurant" und einem "Super Autohof" physisch erfahrbar zu erklären. 2-3 Ausfahrten später hat er ihn schlussendlich begriffen und stimmt uns erfreut zu, dass Trucker sehr wohl darüber Bescheid wissen, was gut für alle ist. In Ermangelung eines CD-Spielers im gemieteten Wagen müssen wir eh die ganze Zeit Radio hören und das nervt bei Formatradio und Gute-Laune-Call-In-Shows mal gewaltig. Notiz für das nächste Mal: Adapter-Kassette kaufen oder besser direkt 25-30 Tapes aufnehmen...

Vielleicht ist es das plärrende Radio im Hintergrund mit ungefähr einem hörbaren Song pro Stunde oder der einsetzende Bus-Koller, aber diesmal finden wir der Weg zum Backstage in Rekord-Zeit. Dadurch sind wir sowas von überpünktlich vor Ort, dass einem Angst und Bange werden kann: Pale sind - und das hätte ich mir auch nie träumen lassen, dass ich das schreiben kann - die neuen Pünktlichkeits-Fanatiker...

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München begrüsst uns mit ausgesucht schönem Wetter, Hillys Frisur sitzt immer noch wie man sieht und wir suchen die Burschen von Kettcar. Die und der Rest der Crew sitzen entspannt vor ihrem Bus im Garten des Backstage und den Rest könnt ihr euch denken... Ferienstimmung und Klassenfahrtidylle müssen als Stichworte reichen.
Da wir nun für die nächsten 3 Stunden nun wirklich nichts zu tun haben, übernehmen wir die Plätze und legen unsere blassen Häute in die warme Frühlingssonne. Nett, schön, so kann das weitergehen bitte.

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Schnell macht es die Runde, dass der Laden schon ausverkauft ist und stündlich nehmen die Anrufe auf dem Handy zu, ob man nicht doch noch was auf der Gästeliste frei hätte - Hat man leider nicht und daher muss sich vielmals entschuldigt werden.
Ebenso schnell geht der Soundcheck rum, wir danken dem Rockergott, dass unser eigener Tonmensch Freedoel auf dieser Tour auch den Job des Monitormannes bei Kettcar inne hat: Alles bleibt also in der Familie und relaxter kann es ja nun nicht sein, wenn alle miteinander können.

Die Schlange die sich ungläubigerweise schon so gegen ca. 17:00h gebildet hat, ist doch schnell abgebaut und als wir auf der Bühne stehen ist der Raum voll mit netten Menschen. Es wird so langsam aber sicher auch verdammt heiss da drin - ein Umstand, der sich im Laufe der Tour noch locker steigern lassen wird.

Wie im Proberaum gewissenhaft ausgetüftelt sieht die Setliste doch glatt eine Aufteilung von 50:50 zwischen alten und neuen Songs vor. Ein Risiko? Sicherlich... Spass? Aber das vorallem. Klappt alles super, wir und die Leute da scheinen zufrieden zu sein - macht was her, fühlt sich alles gut an und muss so weiter gehen.

Da ich beschlossen habe, jeden Abend während des letzten Songs die Kamera zu zücken und quasi aus dem Gemenge auf der Bühne heraus ein paar schnieke Photos zu machen, hocke ich etwas ungestalt vor dem Drumpodest herum und versuche nicht allzusehr aufzufallen. Kann sein, dass das geklappt hat, sah aber bestimmt komisch aus. Sei es drum, die Photos waren es wert...
Leider nicht an diesem Abend in München. Ich hätte doch vorher ein paar Stunden in das Erlernen von Iso-Werten und "Wann Blitzlicht wirklich angebracht ist" investieren sollen. So gibt das natürlich nichts, die Bilder bleibe ich schuldig!

Letzter Song vorbei... und die Menschen wollen mehr. Puhh, sehr nett, aber Ablaufplan ist Absolut-Exakter-Zeitplan und mehr haben wir ehrlich gesagt auch mal nicht mehr drauf. Draussen machen wir nachher noch ein paar Photos mit der guten Sandra Steh - wird es alles noch zu sehen geben, inklusiver einer wunderbaren und anmutigen Set-Karte von Hilly... Wer also Autogramm-Karten will, Hilly Williams hat ab jetzt welche. Ernsthaft!

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Jonas schaut derweil ständig nervöser auf die Uhr. Wie sich während der Fahrt herausstellte, hat er in München einen Onkel und der wiederum zufälligerweise ein italienisches Restaurant in einem schönen Stadtteil. Sagt er jedenfalls so, der Taxifahrer murmelte was von "Schwulenviertel"... Ja, ja, so sind sie die Droschkenlenker, immer das Herz weit auf und für einen kleinen Spass zu haben. Soll aber schön gewesen sein und das Essen ausgesucht schmackhaft.

Wir anderen beschliessen derweil in die Halle zu gehen um Kettcar zu sehen - Jedenfalls versuchen wir das. Kann man richtigerweise auch sagen, das ist gescheitert... Mittlerweile ist es so gefüllt, dass manche Menschen versuchen durch die geöffneten Türen 1-2 Blicke und vielleicht 4-5 Töne zu erhaschen.
Nach 15 Minuten habe ich mich die 20 Meter zum Merchandise-Stand vorgeschoben und mich erwartet ein verschwitzter und durstiger Christian Krings - Im Übrigen, wer es nicht weiss, Freund seit Jahren und auf dieser Tour der Bursche für den Verkauf und ganz allgemein für die gute Grundstimmung.
Also wieder Backstage im Backstage - den bescheuerten Kalauer kann ich mir nicht verkneifen, entschuldigt - und das Spielchen neuerlich getrieben. Hat sich aber gelohnt sage ich mal so salopp, Christian hat was zu trinken und ich sehe tatsächlich die halbe Halle in Gleichförmigkeit auf und ab hüpfen. Ganz schön anzuschauen und ich dachte das machen die nur in England so... Man lernt ja nie aus.

Um 23:30h haben dann auch Kettcar fertig, im Backstage-Raum wird versucht dem Affen Zucker zu geben und irgendwann müssen wir ins Hotel und Kettcar auf den Weg nach Wien, immer durch die Nacht hindurch.
Schon schön, wenn man einen Nightliner hat, aber wir fallen dafür für ein paar Stunden in weiche Hotelbetten. Geht auch, heisst aber morgen früh aufstehen und quer durch Österreich fahren, inklusive dem gefürchteten Berufsverkehr in den wir bestimmt noch reinkommen werden...

Irgendwann um Sieben reisst uns das Telephon aus den heimeligen Träumen und danach ist der Rest irgendwie nur noch Hillys Schnarchen.... Neuerdings um die Variation "Kaputter-Pressluft-Schlauch-Lässt-Luft-Entweichen" erweitert, wird das Frühstück dann doch was eher eingenommen vom Rest. Alle infragekommende Täter der Weckanforderung leugnen standhaft bis heute und so bleibt nur die paranoide Vermutung, dass der altersgebeugte Nachportier nicht mehr alle Zwölfe gerade hatte auf seiner Uhr.

Die Manöverkritik für diesen Tag sagte Folgendes: Alles super, geht aber noch geiler oder so. Wird es dann auch. Verprochen... Stephan
PALE TOURDIARY

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